Aufenthaltsverbote

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass gegen Fußballfans zunehmend Aufenthaltsverbote nach den Polizeigesetzen der Bundesländer ausgesprochen werden.

Bei Aufenthaltsverboten handelt es sich um polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Den Fußballfans wird untersagt, am Spieltag einen bestimmten Bereich (bspw. Stadion und –umfeld, Anfahrtswege, Bahnhöfe, mitunter sogar ganze Gemeindegebiete) zu betreten.

Die Verhängung eines Aufenthaltsverbot erfordert eine Prognoseentscheidung dergestalt, dass die betroffene Person in Zukunft in dem bestimmten örtlichen Bereich Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Regelmäßig soll dies der Fall sein, wenn die betroffene Person in dem örtlichen Bereich, für den die Platzverweisung greifen soll, bereits vergleichbare Straftaten begangen oder zu ihrer Begehung beigetragen hat und Wiederholungsgefahr besteht.

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte muss zur Kenntnis nehmen, dass häufig Fußballfans Adressaten derartiger Maßnahmen werden, die im Zusammenhang mit Fußballspielen strafrechtlich nie in Erscheinung getreten sind. Die Gefahrenprognose wird stattdessen auf vermeintliche Erkenntnisse aus polizeilichen Datenbanken gestützt, in denen präventiv polizeiliche Maßnahmen wie beispielsweise Personalienfeststellungen gespeichert werden. Diese Maßnahmen ihrerseits beruhen oftmals auf „Erkenntnissen“ der Polizeibeamten, die die Qualität ordnungsbehördlicher Befindlichkeiten kaum übersteigen.

In diesem Zusammenhang gilt es zu bedenken, dass Fußballfans sich im Rahmen des Besuches von Fußballspielen regelmäßig in einer Umgebung starker hoheitlicher Überwachung aufhalten. Hierdurch werden sie weit öfters als die Normalbevölkerung polizeilich kontrolliert (Personalienfeststellung). Da diese Maßnahmen offensichtlich (und möglicherweise rechtswidrig) gespeichert werden und ihnen – wie bei der Verhängung von Aufenthaltsverboten – eine unangemessene und inkriminierende Bedeutung zugemessen wird, erhöht sich mit jeder weiteren Kontrolle bei den szenekundigen Beamten der Polizei der grundsätzliche Verdacht der Delinquenz eines Fußballfans. Hierdurch wird die Kontrollfrequenz bezüglich des betroffenen Bürgers weiter erhöht, mit der Konsequenz noch häufigerer Kontrollen und hoheitlicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr.

Kommt es aber trotz dieses Generalverdachts und der aus diesem resultierenden hochfrequenten Überwachung des Fußballfans über Jahre nicht zu einer Verurteilung wegen Straftaten, so spricht dies eindeutig gegen die Wahrscheinlichkeit, dass der Fan den Besuch eines Fußballspiels zur Begehung von Straftaten missbrauchen wird.

Bei der Verhängung von Aufenthaltsverboten soll nun aber oftmals das Gegenteil gelten. Dies ist nach Ansicht der Arbeitsgemeinschafts Fananwälte nicht nachvollziehbar.

Außerdem ist zu beobachten, dass derartige Verfügungen durch die Polizei oftmals erst wenige Tage vor ihrer Geltung an die Betroffenen versandt werden. Diesen bleibt infolgedessen kaum Zeit, einen fundierten Antrag auf gerichtliche Überprüfung der gegen sie verhängten Maßnahmen zu stellen.

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte muss feststellen, dass oftmals leichtfertig in die durch Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 104 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Bewegungsfreiheit von Fußballfans eingegriffen wird. Dabei nimmt die Intensität dieser Einschränkung der Persönlichkeitsrechte von Fußballfans ein Maß an, das einer Einwirkung in Folge einer repressiven hoheitlichen Maßnahme sehr nahe kommt. Daher sind an deren Voraussetzungen ähnlich hohe Maßstäbe zu legen.

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte fordert daher einen maßvolleren Umgang mit dem für den Fußballfan schwerwiegenden Aufenthaltsverbot – und kritisiert die faktische Verhinderung des Rechtsschutzes für die Betroffenen.