Datei Gewalttäter Sport

Seit Jahren steht die Datei Gewalttäter Sport in der Kritik von Fußballfans und Bürgerrechtlern.

In dieser Verbunddatei werden Daten über mittlerweile fast 13.000 Personen (Stand August 2010) gesammelt. Der größte Teil der Daten dürfte im Zusammenhang mit Fußballspielen erhoben worden sein. Die Speicherung der Daten soll zu einer Steigerung der Sicherheit bei Sportveranstaltungen führen.

Eine Speicherung in der Datei Gewalttäter Sport kann für die betroffene Person dazu führen, dass sie bei einer alltäglichen Verkehrskontrolle besonders intensiv kontrolliert und das Auto durchsucht wird, gegen sie vor einem Fußballspiel im Ausland ein Ausreiseverbot aus Deutschland verhängt wird, sie einer sog. Gefährderansprache unterzogen wird, d.h. z.B. die Polizei am Arbeitsplatz erscheint, um die Person darauf hinzuweisen, dass sie sich beim Fußballspiel am kommenden Wochenende rechtstreu verhalten möge usw.

Oft reicht es schon aus, „zur falschen Zeit am falschen Ort“ zu sein, um in dieser Datei gespeichert werden. So ist kann z.B. der Umstand, im Zusammenhang mit einem Fußballspiel gemeinsam mit einer großen Gruppe von Fans in Polizeigewahrsam genommen zu werden ohne eine Straftat begangen zu haben, zu einer Speicherung führen. Selbst wenn die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einstellt, weil kein für die Erhebung der öffentlichen Klage genügender Anlass gegeben ist, erfolgt in aller Regel eine Speicherung von Daten.

Besonders problematisch ist, dass die Betroffenen nicht über die Speicherung in der Datei Gewalttäter Sport informiert werden, d.h. deshalb dagegen auch nicht ohne weiteres um Rechtsschutz nachsuchen können.

Zu beobachten ist ein sehr unterschiedlicher Umgang der Polizei mit der Aufnahmen von Personen in diese Datenbank. Während einige Polizeidienststellen Einträge in die Datei Gewalttäter Sport mit viel Augenmaß veranlassen, speichern andere Dienststellen regelrecht nach dem Gießkannenprinzip. Es genügt manchmal schon, im näheren Umkreis eines Fußballstadions in eine Polizeikontrolle geraten zu sein, um sich anschließend in der Datei Gewalttäter Sport wieder zu finden.

Regelmäßig wird von Fans daher der Vorwurf erhoben wird, es handele sich bei der Datei Gewalttäter Sport um ein Instrument willkürlicher Polizeirepression, das angesichts der Fülle an Daten und der Unterschiede der polizeilichen Speicherpraxis zudem noch wenig aussagekräftig hinsichtlich einer tatsächlichen Gewaltbereitschaft der gespeicherten Person sei. In der Tat führt die Speicherung einer Person in der Datei Gewalttäter Sport allenfalls zu deren Stigmatisierung. Weder ist die Datei geeignet, die Sicherheit bei Fußballspielen zu erhöhen und fördert sie die Gewaltprävention noch erleichtert sie die Strafverfolgung.

Ein Hoffnungsschimmer, die Speicherpraxis der Polizei zu Fall zu bringen, kam auf, als einige Verwaltungsgerichte, darunter auch Obergerichte, in den letzten Jahren mehrfach entschieden haben, dass die Datei Gewalttäter Sport rechtswidrig sei, da sie nicht auf einer ausreichenden rechtlichen Grundlage beruhe. Voraussetzung nach dem Bundeskriminalamtsgesetz für die Datenerhebung und -speicherung sei nämlich eine Rechtsverordnung, an der es im Fall der Datei Gewalttäter Sport jedoch fehle.

Es stand zu erwarten, dass sich auch das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung anschließen und die Datei Gewalttäter Sport wegen des Fehlens einer Rechtsgrundlage für rechtswidrig erklären würde. Um dieser drohenden Niederlage zu entgehen, zog das Bundesministerium des Innern die Notbremse und brachte gerade noch rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht im Juni 2010 die“Verordnung über die Art der Daten, die nach §§ 8 und 9 des Bundeskriminalamtsgesetzes gespeichert werden dürfen“ durch den Bundesrat. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist damit die notwendige Rechtsgrundlage für die Datei Gewalttäter Sport geschaffen.

Auch wenn es den Anschein macht, als wäre die bisherige Praxis der Datenspeicherung damit abgesegnet, so hält es die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte für dringend erforderlich, auch weiterhin auf eine Änderung der Rechtspraxis im Umgang mit der bestehenden Datei hinzuwirken. Für wichtig halten wir dabei u.a. folgende Gesichtspunkte:

  • Die BKA-Daten-Verordnung begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte geht davon aus, dass die Verordnung einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand halten wird.
  • Mindestens fordert die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte eine Änderung der BKA-Daten-Verordnung mit dem Ziel, dass künftig nur Daten über Personen gespeichert werden dürfen, die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen strafrechtlich verurteilt worden sind. Keine Speicherung von Daten über eingestellte Ermittlungsverfahren, auch nicht, wenn die Einstellung wegen Geringfügigkeit erfolgt ist.
  • Begrenzung der Speicherfristen auf höchstens drei Jahre
  • Bekanntgabe jeder Datenspeicherung an die Betroffenen mit der Möglichkeit, dagegen Rechtsmittel einzulegen