Forderungen der Innenminister verstoßen gegen Grundlagen des Strafrechtssystems

Zu den Anträgen an die Innenministerkonferenz vom 4. – 6.12.2019 mit dem Ziel, den Landfriedensbruch-Paragrafen und das Sprengstoffgesetz zu ändern sowie für Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen die Fahrerlaubnis entziehen zu können, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte:

Alljährlich sollen offenbar Fußballfans dafür herhalten, der Innenministerkonferenz zu Aufmerksamkeit zu verhelfen. Dafür sind sogar Forderungen recht, die gegen das geltende System von Strafe und Maßregel verstoßen. Offenbar soll ein Sondersanktionsrecht für Fußballfans eingeführt werden.

Den Innenministern müsste eigentlich bekannt sein, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis keine zulässige Strafe darstellt. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Maßregel der Besserung und Sicherung, die nur dann verhängt werden kann, wenn eine Person sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Das Ziel der Abschreckung ist dagegen kein legitimer Gesichtspunkt des Maßregelrechts. Den Innenministern wäre zu raten, sich mit dem deutschen Sanktionssystem noch einmal eingehend zu befassen, anstatt populistische Forderungen zu erheben.

Eine noch weitere Ausdehnung des Landfriedensbruch-Paragrafen ist nicht möglich. Dieser führt bereits jetzt zu einer gravierenden Vorverlagerung der Strafbarkeit mit unbilligen Ergebnissen, die insbesondere keine Möglichkeit zum Rücktritt geben. Die Vorstellung, dass auch Personen strafbar sein sollen, die sich an Auseinandersetzung gar nicht beteiligen, ist auch rechtspolitisch verfehlt. Wenn die bloße Anwesenheit in einer Gruppe bereits strafbar sein soll, wird die Hemmschwelle zur aktiven Teilnahme gerade nicht verstärkt. Selbst wenn man eine gegenteilige Wirkung unterstellen würde, führte die geforderte Gesetzesverschärfung zu einer rechtswidrigen Vereitelung der grundgesetzlich geschützten Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Ebenso wenig besteht eine Notwendigkeit, das Sprengstoffgesetz zu verschärfen. Dieses enthält keine Regelungslücken. Davon, dass Stadien unsichere Orte seien, kann keine Rede sein.